Kinder und Jugendliche befinden sich in einer rasanten Entwicklung und müssen ständig Neues lernen und Anpassungsleistungen erbringen. Gelegentliche Verhaltensauffälligkeiten und psychische Krisen gehören dazu und sind bis zueinem gewissen Grad "normal". Wenn das Verhalten und Erleben eines Heranwachsenden jedoch über längere Zeit Anlass zur Sorge gibt und/oder erheblich vom "üblichen Verhalten" (die Grenzen sind sicher fließend) abweicht, das Kind/die Jugendliche selbst oder das Umfeld darunter leidet, kann dies ein Zeichen für eine psychische Störung sein, die behandelt werden sollte.
Folgende Probleme sind häufig Anlass für eine ambulante Psychotherapie:
Die Verhaltenstherapie zählt zu den wichtigsten anerkannten Behandlungsansätzen bei der Therapie von Kinden und Jugendlichen. Psychische Störungen werden, vereinfacht ausgedrückt, als Ergebnisse ungünstig verlaufener Lerprozesse verstanden. Dies impliziert die Möglichkeit, durch neue Bedingungen und Erfahrungen Verhalten und Erleben "neu" zu lernen. Kinder und Jugendliche befinden sich ja ohnehin in einem stetigen Lernprozess, sie haben daher weniger festgefahrene Verhaltensmuster als Erwachsene und lassen sich oft schneller und flexibler auf neue Erfahrungen ein. Oftmals geschieht dies auf ganz verschiedenen Wegen, bei Kindern eher über das Probieren (Handeln) und Erleben (z.B. im Spiel), bei Jugendlichen zunehmend auch über Beobachten und Reflektieren (z.B. Rollenspiel, Gespräch).
Die Behandlung von Kindern und Jugendlichen weist im Vergleich zur Erwachsenentherapie einige Besonderheiten auf. Jugendliche und erst recht Kinder sind in stärkerem Maße von den sie umgebenden Bedingungen und Bezugspersonen abhängig. Das heißt, sie benötigen bei der Veränderung von (gestörtem / ungünstigem) Verhalten und Erleben, sicher abhängig vom Alter, immer die Unterstützung, Mitarbeit und Zustimmung der wichtigen Bezugspersonen (in der Regel die Eltern, unter Umständen aber auch Stief- oder Großeltern, Erzieher, Lehrer etc.). Auch können Kinder und Jugendliche die sie umgebenden Bedingungen, auch wenn sie ungünstig sind, kaum aus eigener Kraft verändern, sondern bedürfen auch hierbei der aktiven Mithilfe und Kooperation ihrer Bezugspersonen. Der Gesetzgeber hat auf diese Bedürfnisse reagiert, indem er zu dem normalen Stundenkontingent zusätzliche Bezugspersonenstunden vorsieht, und zwar im Verhältnis 1:4 (also bei einer Langzeittherapie von 45 Stunden zusätzliche 11 Stunden für den Einbezug der wichtigen Bezugspersonen). Unter Umständen kann dieses Verhältnis noch zugunsten der Bezugspersonenstunden verschoben werden, auch können weitere Bezugspersonen (z.B. Lehrer, Erzieher) einbezogen werden, wenn der konkrete Fall dies erforderlich macht.
Generell gilt: Um so jünger das Kind, um so mehr sind die Eltern in die Behandlung involviert. Die Vorstellung, dass das Kind mit welchem gestörten Verhalten auch immer beim Therapeuten abgegeben und irgendwann geheilt abgeholt wird, muss und soll von Anfang an enttäuscht werden.
Somit ist die Elternarbeit ein fester Bestandteil der Kinder- und Jugendlichentherapie. In manchen Fällen wird sie in Form beratender Gespräche die Behandlung des Kindes nur begleiten, oft (und besonders bei jüngeren Kindern) stellt die Arbeit mit den Eltern eine eigenständige Maßnahme dar. Ziel ist immer, die im Alltag auftretenden Probleme und Konflikte zwischen Kind und Eltern (oder anderen Bezugspersonen bzw. Anforderungssituationen wie Schule) in den Griff zu bekommen.